Solche Hände

Auf tausend Kilometer so unerreichbar und doch wirkungsvoll, in Erinnerung lebendig und doch nicht greifbar. Der Schrei nach Leben in einem DDR-Gefängnis, die Gier nach einer Zärtlichkeit, der Haß, die Angst um dies Symbol sind gleichbedeutend mit diesem Wunsch.

Ein Drang, danach zu greifen, die Wärme zu inhalieren, unendlich festzuhalten, Schutz suchend. Rissig und gut, tapfer und gezeichnet vom Ringen und Geben, diese Hände.

Die Hände meiner Mutter.

Ein Bild möchte ich zeichnen mit Worten, ein Fest veranstalten mit Gefühlen, ein Tal füllen mit Tränen, die Liebe lebendig werden lassen, keine Ruhe schöpfen.

Immer wieder, der Traum nach Geborgenheit, negiert die Angst um Einsamkeit, ein Bild wie ein Spiegel.

Das Bild dieser Hände, Ehrlichkeit und Mut - Hände lügen nicht! Können fliegen, brennen, zittern, lieben, schweben über alle Zweifel, sind Optimismus und Drang, Frieden und Kraft, sind Essen und Trinken, sind Weinen und Lachen.

Deine Hände.

Und sie sind schwer, tonnenschwer auf meiner Brust, auf meinem Leben, auf uns - niemals dazwischen!

Ach, wär ich nur im Stande, sie an mich zu reißen, festzuhalten bis...

Diese Hände, die Hände meiner Mutter.

*Hier klicken zum Start des Gedichtbandes -> “Kopfgeburt - mit der Glocke am Kragen” von Jens Thieme, 1992.
Jens Thieme

Playing hard, living loud, moving around fast, resting deep and enjoying it all.

https://jens.thie.me
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